Der Geist und die Kultur eines Bergvolkes spiegeln sich in seinen Liedern
Kürzlich habe ich die CD: UNSER JUBILÄUM - Echte Volksmusik aus dem Pustertal erhalten, herausgegeben im Eigenverlag von Georg Oberhöller. Schon beim Erklingen des ersten Liedes fühlte ich mich mit einem Schlag in meine Kindheit versetzt. Da wird gespielt und gesungen vom Gampslanschießn, von der Liebe zum Diondl, vom Leben und der Arbeit auf der Alm, vom Zauber der Natur im Wechsel der Jahreszeiten. Wenn ich mich so recht entsinne, dann war die Arbeit auf unserem Bergbauernhof und auf der Alm früher kräfteraubend und schweißtreibend. Schon die Kinder mussten tüchtig anpacken und waren von frühester Kindheit an in die Arbeitswelt integriert, hing ja das Wohlergehen der ganzen Familie von den paar Kühen und vom Kleinvieh ab, das versorgt werden wollte. Sie alle ernährten die kinderreiche Familie am kleinen Höflein in steiler Lage. Trotz schwierigster Bedingungen, ließen es sich gerade diese Bauersleut nicht nehmen, ihren Alltag in Liedern zu besingen. In nahezu jeder Familie wurde früher gesungen und musiziert, zum Vergnügen sozusagen, wenn die Arbeit am Hof und auf dem Feld getan war. Da strahlt Zufriedenheit, Humor und Gottergebenheit durch, und selbst die schwerste Arbeit konnte diese Stimmung nicht trüben. Im Gegenteil. Die harte Arbeit stählte die Menschen und machte sie stolz auf ihre Leistung. Dem kargen alpinen Boden ein Auskommen abzutrotzen war Genugtuung und Verpflichtung zugleich. Es musste nicht Überfluss sein. Wer gelernt hatte, von Wenigem zu leben, der war dankbar für jeden noch so bescheidenen Ertrag. Im Rückblick auf diese Zeit kommt Nostalgie auf, und ich frage mich immer wieder, ob die Menschen heute im Wohlstand noch dieses Glück und die Freude am Leben so intensiv und tröstlich erfahren können. Wo ist diese Bescheidenheit geblieben? Wo das menschliche Maß?
Vgl. dazu: Der Senner von der Kässtattalm /Mühlwald – Film von Hans Rieder.
Gais, im September 2022