Kulturprojekte


Lösch mir die Augen aus

 

Lösch mir die Augen aus: ich kann Dich sehn

Wirf mir die Ohren zu: ich kann Dich hören

Und ohne Fuß noch kann ich zu Dir gehn

Und ohne Mund noch kann ich Dich beschwören.

Brich mir die Arme ab: ich fasse Dich

Mit meinem Herzen wie mit meiner Hand

Reiß mir das Herz aus und mein Hirn wird schlagen

Und wirfst Du mir auch in mein Hirn den Brand

So will ich Dich auf meinem Blute tragen.

Rainer Maria Rilke

Meine Bestseller 2023

  • Maria Stepanova – Winterpoem 20/21
  • Dylan Thomas – Unterm Milchwald (Neu übersetzt von Jan Wagner)
  • Anne Carson/Christian Steinbacher – If not, winter/Fehlst du, ist Winter. Fragmente der Sappho
  • Sepp Mall - Ein Hund kam in die Küche
  • Anne Berest – Die Postkarte
  • Daniel Kehlmann – Lichtspiel
  • Michael Köhlmeier - Frankie
  • Salman Rushdie – Victory City
  • Jan Fosse – Ich ist ein anderer
  • Tove Ditlevsen – Böses Glück
  • Herbert Clyde Lewis – Gentleman über Bord
  • Robert Seethaler – Das Café ohne Namen
  • Kerstin Ekman -Wolfslichter
  • Marc Sinan – Gleissendes Licht
  • Uwe Timm – Alle meine Geister
  • Stephan Lohse - Das Summen unter der Haut
  • Sarah Elena Müller – Bild ohne Mädchen
  • Florian Illies – Zauber der Stille
  • Gunnar Decker – Rilke. Der ferne Magier
  • Rainer Maria Rilke – Duineser Elegien und dazugehörige Gedichte. (Neuausgabe)
  • Quinn Slobodian – Kapitalismus ohne Demokratie
  • Michael Krüger – Verabredung mit Dichtern

Eine Warnung an die Leserschaft gleich vorweg: zu meinen Favoriten zählt nicht ein einziger Krimi und natürlich auch kein Kochbuch. Den Krimi bringt mir jeden Tag mit den Abendnachrichten das Fernsehen von allen Kontinenten unserer Erde mehr als anschaulich und erschreckend ins Haus, und zum Kochen bodenständiger Gerichte reichen uns Omas gesammelte Rezepte. Mehr brauchts nicht zu einem guten Leben. Ich habe einfach kein Bedürfnis nach zusätzlicher fiktiver Gewalt und Grausamkeit, nach Psychoterror und allen anderen ersonnenen Varianten kruder Unmenschlichkeit, auch wenn sie stilistisch gekonnt formuliert und spannend erzählt sind. Zum Zeitvertreib in menschliche Abgründe zu blicken, das ist nicht mein Ding, auch wenn ich ohne Bücher nicht sein kann. Gerade in einer Zeit, in der die Gesellschaft zu verrohen droht, in der gefestigte Demokratien ins Wanken geraten, in der Kriege an der Tagesordnung sind und Diktaturen wie Pilze aus dem Boden schießen, in der das Leben vielerorts gefährdet ist, in so einer Zeit sollten wir vielleicht nach Alternativen zum Gewaltkonsum Ausschau halten, sollten verbal abrüsten und uns auf die Suche nach Menschlichkeit begeben. Ein gutes Buch kann uns durchaus einen Weg aufzeigen, wie das gelingen kann. Es kann das Gute im Menschen, das es nach wie vor gibt, aufspüren und ihm Raum zur Entfaltung geben. Es kann der dunklen Seite in uns die Liebe entgegensetzen, kann die Ästhetik feiern und die Fratze des Hässlichen überstrahlen. Keine Schönfärberei, nein. Geschärfte Klarheit und unerbittliche Ehrlichkeit. Und vielleicht eine Prise Humor. Das sind die Ingredienzien zu meinem belletristischen Kochbuch 2023.

JD

 

Einsam

 

Ich schlafe verwegen am Rande des Wahns

und kann ihm vielleicht nicht entrinnen;

mein Schicksal erfüllt sich im Schaukeln des Kahns

auf schäumenden Wellenzinnen.

 

Hier schlägt das Leben die Augen zu

und endet in stummer Umnachtung:

die Heiligen sagen, es sei die Ruh,

die Sammlung vor der Betrachtung;

 

doch Sünder wie ich betrachten nicht

und Zigeuner finden nicht Frieden.

Das Leben bleibt die tiefste Pflicht

Auch noch dem Wandermüden.

 

Vielleicht, dass aus der grauen Flut

ein neues Antlitz taucht,

das gut und lieb auf meinem ruht

und süße Düfte raucht;

 

vielleicht dass mich ein ferner Gott

noch einmal brauchen kann,

als Schreiber oder als ein Brot

für einen Bettelmann;

 

vielleicht dass Mond und Sonnenstern

mein Segel heimwärts ziehn,

dass ich in ihrem Feuerkern

als Licht mag weiterblühn…

 

In meinem Herzen schwillt das Meer

indes zu wildem Brande.

Ich suche Liebe um mich her

und weiß nur mich im Lande.

 

Innsbruck, am 19. März 1949     Claus Gatterer

Literarische Perlen auf den Spuren der Meister

Dylan Thomas: Unterm Milchwald

 

Oh Wales, so manche Kleinstadt mag

Charmanter sein als diese,

Manch Berg ist stolzer, manchem Hag

Blüht üppiger die Wiese,

Manch Wald ist dichter, maidurchglüht,

Voll heller Vogelzier,

Manch Barden glückt das Morgenlied

Weit lieblicher als mir. (…)

 

 

Ezra Pound: Also in Ninive

 

„Gewiss, ich bin ein Dichter. Über meinem Grab

Mögen Mädchen Rosenblätter streun

Und Männer Myrten, eh die Nacht

Den Tag erschlägt mit ihrem dunklen Schwert.

 

Sieh, es ist meine Sache nicht

Noch deine, dies zu hindern,

Denn der Brauch ist alt,

Und hier in Ninive hab ich gesehn,

Wie mancher Sänger schied und seinen Platz

In jenen finstern Hallen einnahm, wo kein Mann

Ihm Schlaf noch Lieder trübt.

Manch einer sang sein Lied

Kunstfertiger, feinsinniger als ich;

Und mancher übertrifft schon jetzt

Mit Blumendüften meine meer-geschliffne Schönheit;

Doch bin ich Dichter: über meinem Grab

Mögen die Menschen Rosenblätter streun,

Eh die Nacht das Licht erschlägt

Mit ihrem blauen Schwert.

 

Nicht darum, Rama, weil mein Lied am hellsten klingt

Und süßer tönt als irgendeines, sondern weil ich

Hier bin: ein Dichter, der vom Leben trinkt

Wie andre Menschen Wein.“

 

Versuch über Kunst

Kunst

 

Kunst ist der Versuch, dem Unsagbaren Form zu geben. Dabei sollte man, nach Wittgenstein, darüber schweigen, was man nicht sagen, nicht benennen kann. Kunst ist aus dieser Sicht also zum Scheitern verdammt. Und dennoch gelingt oft gerade im Scheitern ein großer Wurf, eine Annäherung an die Wirklichkeit und mithin an die Wahrheit. Kunst ist weitestgehend vom Zufall bestimmt. Kunst schaffen bedeutet, wie Kafka es formuliert hat, ein andauerndes nie zur Vollendung gelangendes Suchen und Irren, also nie das Glück des siebten Tages haben. Insofern gleicht Kunst dem Meer, dessen Wellen unablässig an den Strand atmen und in gestaltender Bewegung sind. Sie verändern unvorhersehbar die Phänomenalität der Welt, so wie Kunst das ebenfalls tut. Nichts kann Kunst mehr hinderlich sein als Gesetzmäßigkeiten oder von Vernunft geleitetes Maß. Kunst ist sprichwörtlich die Negation der Vernunft. Sie bedarf per definitionem der absoluten Freiheit des Empfindens und Gestaltens, sprengt Grenzen und lotet neue und unbekannte Horizonte aus. Sie geht nie den geebneten Weg, sondern muss immer erst unerforschte Spuren legen und in einer Art Abenteuerrausch die Welt neu erschaffen.    

 

Gais, am 9.7.23

Meine zweite Heimat

Malser Heimatlied

 

Refrain:

Am Horizont der Ortler wacht

und über Mals die Haide lacht,

im Silberquell die Etsch entspringt,

der Turm im See voll Wehmut singt.

Ein Wasserrieseln im stillen Waal

der König trohnt im Felsensaal,

seine Jünglingslocke in Unschuldsweiß

mahnt die Venosten/Vinschger/Malser zu stetem Fleiß.

 

Strophe 1

 

Von früh bis spät ein reges Treiben

die Kinder können hier nicht bleiben,

der Boden nährt nicht übers Jahr -

Armut ihr Los; in großer Schar

zieh‘n sie hinaus ins Schwabenland…

manch ein‘s die Tränen nicht verwandt,

verstummte und kehrte nicht wieder,

verklungen sind heut ihre Klagelieder.

 

Strophe 2

 

Es ziehen die Ärmsten als Korrner durchs Land

mit Sack und Pack und den Kindern an der Hand,

schlagen unter freiem Himmel ihre Lager auf,

nehmen Hitze und Kälte und Hunger in Kauf,

von der Hand in den Mund heißt es da zu leben

ohne allzu sehr Ärgernis und Anstoß zu geben,

doch sie werden mit Argwohn betrachtet

manch einer daher im Gefängnis schmachtet.

 

Strophe 3

 

Die Zeit heilt meist die schlimmsten Wunden,

Not ist im Vinschgau längst verschwunden -

in den Häusern Wohlstand eingekehrt,

drum bleibt das Glück auch nicht verwehrt.

Dankbar denkt man an die kargen Zeiten,

wenn Tradition und Brauchtum die Venosten/Malser

durch das Jahr begleiten.

Gott schenk auch weiter Heil und Segen

und begleite die Vinschger/Malser auf allen Wegen!

 

JD im Mai 2022

 

 

Die Alte Totenkapelle von Gais – ein kunsthistorisches Juwel

Die alte Totenkapelle von Gais erstrahlt nun als kleines Museum

Gut Ding braucht gut Weil, so lautet eine bekannte Volksweisheit. Dieser Ausspruch trifft auch auf unsere alte Totenkapelle zu, die nach einer gelungenen Generalsanierung nun als kleines aber feines Museum in neuem Glanz erstrahlt.

Zur Entstehungsgeschichte

Als vor rund 10 Jahren in Gais der Friedhof erweitert und die neue Friedhofskapelle gebaut wurde, geriet die alte Totenkapelle, das sogenannte Beinhaus, verständlicherweise in Vergessenheit. Es ist einem glücklichen Zufall zu danken, dass die Kunstexpertin Bampi Johanna ihre Diplomarbeit an der Uni Wien über die Fresken der Totenkapelle Gais geschrieben hatte. Der Arbeitskreis Erwachsenenbildung im Pfarrgemeinderat lud sie 2017 zu einem Vortrag zu diesem Thema nach Gais. Von ihren Ausführungen war das zahlreich erschienene Publikum begeistert, und wohl einige Anwesende dürften damals erkannt haben, welch herausragenden kulturellen Schatz Gais im Stillen bewahrte. Als Koordinator dieses Arbeitskreises setzte ich mir zum Ziele, einen Kunstführer herauszugeben, der dieses Juwel ins rechte Licht rücken und ansprechend präsentieren sollte. Wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, ergeben sich die Dinge oft von allein. In enger Zusammenarbeit mit der verantwortlichen Gemeindereferentin für die EU-Förderprogramme, Ulrike Großgasteiger, gelang es schließlich, einen Finanzierungsbeitrag aus dem Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum (Leader) zugesprochen zu bekommen und damit eine Generalsanierung des gesamten Ensembles auf den Weg zu bringen. Das Entfeuchten des Mauerwerks, die Sicherung und Auffrischung der Fresken (ein einmaliges Jüngstes Gericht) und die Herausgabe eines Kunstführers standen auf der Tagesordnung. Im Verlaufe des Genehmigungsverfahrens und der Realisierung dieser ersten Bausteine einigte man sich in Absprache mit dem damaligen Dekan Martin Kammerer, im Inneren der Kapelle neben dem vortrefflich restaurierten Freskenzyklus auch den wertvollen Sonnenburger Ornat sowie den Reliquienschrein des der Bevölkerung völlig unbekannten Gaisinger Katakombenheiligen KONSTANTINUS II ganzjährig auszustellen, zwei zusätzliche Kunstobjekte von besonderer Strahlkraft und kulturhistorischer Bedeutung.

In Gais entsteht ein kleines Museum

Nun machte sich der neu gewählte Verwaltungsrat der Pfarrei mit Dekan Josef Campidell an die Arbeit, auch diesen letzten Teil des Sanierungsprojektes in die Tat umzusetzen und damit den unschätzbaren Kunstschatz, das kulturelle Erbe unserer Vorfahren, vom Verfall zu retten, zu erhalten und aufwändig saniert einer breiten Öffentlichkeit dauerhaft zugänglich zu machen. Die größte Herausforderung stellte dabei die Finanzierung dar, die mit einem Kostenaufwand von zirka 70.000 € zu Buche schlug. Das sollte den Verwaltungsrat aber nicht abschrecken, eröffnete sich doch über den offiziellen Beitritt zum Museumsverein Taufers die Möglichkeit, eine Finanzierung durch das Amt für Innovation, Forschung, Universität und Museen zu erhalten. Nach ausführlichen Gesprächen genehmigte das Amt einen Betrag von 23.400 €. Der erste und wichtigste Schritt war getan. Einen weiteren Beitrag von 20.000 € gewährte dankenswerterweise die Stiftung Südtiroler Sparkasse, die Fraktion Gais einen Betrag von 12.000 € und die Gemeinde Gais schließlich einen Betrag von 10.017,42 €. In Summe wurde im Laufe der gesamten Sanierungsarbeiten ein Betrag von annähernd 200.000 € investiert. Allen oben genannten Unterstützern und Förderern möchten wir auf diesem Wege herzlich danken. Vergelts Gott!

Wie geht es weiter?      

Damit bietet der äußerlich eher unscheinbare sakrale Bau nun gleich Platz für mehrere Kunstschätze, die es verdienen, ins Schaufenster der Öffentlichkeit gestellt zu werden. Neben den einmaligen Fresken können die Besucher*innen in einer Vitrine den Sonnenburger Ornat (vier kostbare Messgewänder) sowie in einem Reliquienschrein den Katakombenheiligen KONSTANTINUS II, ein Ganzkörperskelett, welches in filigran bestickte Textilien gehüllt ist, bewundern. Auch die Beleuchtung und die Sicherheitsinstallationen werden bis zur offiziellen Eröffnung im Frühjahr 2023 abgeschlossen sein, so dass Gais um einen kleinen kulturellen Leuchtturm reicher sein wird.

Segnung und Eröffnung

Im Rahmen der Langen Nacht der Kirchen am 2. Juni 2023 wurde das kleine Museum nun offiziell gesegnet und einer breiten Öffentlichkeit vorgestllt. Bleibt zu hoffen, dass diese museale Einrichtung sowohl bei Einheimischen als auch bei Gästen auf reges Interesse stößt, so dass unser kulturelles Erbe nach und nach auch in die Herzen der Bevölkerung Eingang findet. Ein aufrichtiges Dankeschön verdienen sich nicht zuletzt die Mitglieder des Verwaltungsrates der Pfarrei, denen dieses Projekt derart ans Herz gewachsen ist, dass sie mit unermüdlichem Einsatz und Ausdauer ans Werk gingen und schlussendlich nun durch dessen Realisierung belohnt werden.Geplant sind für die Zukunft folgende Öffnungszeiten in den Sommermonaten (der Raum wird nicht geheizt und bleibt außerhalb dieser Öffnungszeiten auch geschlossen).

Öffnungszeiten 2024:  Mitte Mai bis Ende September

Dienstag: 10.00 bis 12.00 Uhr

Donnerstag: 15.00 bis 17.00 Uhr

Josef Duregger (Koordinator des Projektes u. Hrsg. des Kunstführers)

Ein Kulturprojekt für Prettau

Seit einigen Jahren rege ich für Prettau, dieser abgeschiedenen „Insel“ im hintersten Ahrntal, die Errichtung eines „Heimatmuseum(s)“ nach dem Vorbild des „Gedächtnisspeicher Ötztal" an. Die Forschungsarbeit vom Leiter (Sunn) Paul zur Geschichte der Höfe und Wohnhäuser in Prettau, meine Publikation zum Teldra Dialekt sowie die Datenbanken dazu wären ein gutes Fundament dafür. Dazu kämen die Geschichte des Bergwerkes, die Forschungsergebnisse verschiedener Studenten, u.a. von Nöckler Rudi zu den Flurnamen, das Thema Übergehen und Flucht der Holocaust-Überlebenden über den Tauern. Für so ein Projekt müsste es doch auch EU-Finanzierungen geben. Das kulturelle und historische Erbe der Vorfahren erhalten und der Nachkommenschaft zugänglich machen, das ist doch eine absolute Notwendigkeit und eine herausfordernde und lohnende Aufgabe zugleich! Der ehemalige Gemischtwarenladen im Zentrum des Dorfes (zur Zeit leerstehend und im Besitze der Gemeinde) wäre ein geeignetes Haus für dieses Kulturprojekt.

Projektvorschlag: Josef Duregger

 

Die Gemeinde Gais in Wort und Bild - Film